Thursday, January 24, 2008

Neues aus der Mauerstadt - X-Kölln

Ein neuer Kiez wurde geboren. Sein Name: X-Kölln (sprich Kreuzkölln).

Hier, wo das "Ghetto" Neukölln auf das progressive Kreuzberg stößt und das Schlummereckchen von Treptow als grüne Barriere dient, tut sich seit einiger Zeit was. Zwischen den vielen Dönerbuden und Ramschläden entdeckt man fast jede Woche was neues. Vorbei sind die Zeiten, wo es an jeder Ecke eine verrauchte Berliner Eckkneipe namens Donnerwetter, Zur Traube oder Kindl Eck gab. Nein, wir haben jetzt auch echte Café‘s wie zum Beispiel das Ä, Jansa 7, Ringo und Freies Neukölln. Und sogar ein schwullesbisches Kollektivbetrieb namens SilverFuture. Diese Kneipe für „Kings and Queens and Criminal Queers“ liegt gemütlich neben dem immer nach Vanille duftenden, Türkischen Männerlokal „Sonne“, wo Rummikub und Wasserpfeife Hand in Hand gehen.

Da X-Kölln noch nicht von den Massen entdeckt wurde, lässt es sich hier gut wohnen. Das hübsche Landwehrkanal sorgt im Sommer für eine frische Brise und der Schlesische Busch lädt ein zum Schlendern und Faulenzen. Die Geschichte liegt auf der Straße denn hier, an diesem „Dreiviertelpunkt“ stand die Mauer. Der Wachturm am Busch ist ein stiller Zeitzeuge.

Mitten in dieser Stadtidylle liegt die berüchtigte Rütlischule, die im vorigen Jahr Bundesweit bekannt wurde weil die Lehrer bekanntgaben, der Gewalt durch Schüler nicht mehr standhalten zu können. Sie liegt praktisch bei mir um die Ecke und die Frage stellt sich ob es nicht gefährlich sei, gerade hier zu wohnen. Man bekommt es richtig mit der Angst zu tun wenn man die Berliner Polizeigewerkschaft glaubt, die vor einigen Wochen behauptete, daß Teile von Neukölln nicht mehr zu retten sind. Bürgermeister Buchkowsky nannte diese Äußerungen „undifferenzierter Rufmord“ und meinte „so einen abenteuerlichen Quatsch habe ich lange nicht gehört“.

Klar gibt es in Neukölln massive Probleme. Jugendgewalt, Alkoholsucht und Arbeitslosigkeit sind mittlerweile synonym mit diesem Viertel. Aber wenn man die Boulevard- und Schwachsinnigenzeitungen Bild oder Berliner Kurier liest, würde man fast glauben, man lebe in einem Ghetto. Eins kann ich sagen. Neukölln ist weit entfernt von Zuständen wie in der New Yorker Bronx oder dem Südafrikanischem Johannesburg.
Die Ehrlichkeit gebietet aber zu sagen, daß X-Kölln der "gehobene" Teil von Neukölln ist. Hier nimmt der Leerstand sichtbar ab, und ändert das Publikum sich ein wenig. Das gibt Hoffnung für die Zukunft.

Falls du Lust hast X-Kölln mal näher kennen zu lernen, dann kann ich dir herzlich empfehlen im Juni mal das jährlich zurückkehrende Festival 48 Stunden Neukölln zu besuchen.

Kneipen:
SilverFuture
Freies Neukölln
Ä



Elbestraße Neukölln © balanda 2005

No comments: